High voltage battery test

Erst testen, dann in den Europa-Markt starten:
Professionelles Batterie-Testing prüft mehr als die Ladekurve

Auch wenn die E-Mobilität derzeit insbesondere in Deutschland eine Durststrecke zu überwinden hat: Auf Sicht führt kein Weg an einer Dekarbonisierung des Verkehrs vorbei. Und BEV – also Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb – können einen wichtigen Beitrag dazu leisten. Bevor aber ein neues, serienproduziertes BEV auf dem europäischen Markt verkauft werden kann, muss der Hersteller – neben den gesetzlichen Vorgaben, die für Gesamtfahrzeuge generell gelten, insbesondere die Sicherheit der Antriebsbatterie nachweisen. Hier ist ein kompetenter Partner für das Testing unentbehrlich. 

 


BATTERIETEST BRINGT NEUE HERAUSFORDERUNGEN FÜR DIE PASSIVE SICHERHEIT

Nicht nur für die sogenannten New Entrants, die Neueinsteiger in den Automobilmarkt – und hier speziell den BEV-Markt – stellt das Testing der Antriebsbatterien eine Herausforderung dar. Auch die etablierten Autohersteller können die besonderen Versuche, die teilweise auch speziell zum Nachweis der Batterie-Sicherheit erforderlich sind, auf den eigenen Crashtest-Anlagen nicht ohne Weiteres durchführen.

Der Vehicle Safety & Testing-Standort von Magna in Sailauf verfügt über Erfahrung als Entwicklungspartner im Bereich „Passive Sicherheit“. Daher ist man schon sehr früh durch Crashversuche an Hochvoltfahrzeugen mit den Anforderungen an die Batteriesysteme in Berührung gekommen. Die Ausweitung der Kompetenzen in den Bereich der Komponententest an Batterien stellt eine sinnvolle Erweiterung des Portfolios dar. Für den Fahrzeughersteller ist die Zusammenarbeit mit einem Entwicklungs-Spezialisten vorteilhaft, weil auf diese Weise die nötigen hohen Investitionen und auch das Risiko geteilt werden können. Zudem kann sich der Autohersteller auf seine Kernkompetenzen konzentrieren.

 

AM ANFANG WAR DIE NORM: AUS DEN GESETZLICHEN REGULARIEN WERDEN PRÜFVERFAHREN UND DIE DAZU NÖTIGEN PRÜFSTÄNDE ENTWICKELT

Zu Beginn der Elektromobilität mussten Vorschriften und Gesetze erarbeitet werden, die einen Zusatz zu den Anforderungen für konventionell, also ICE-getriebene Fahrzeuge darstellen. Daher existierten zunächst weder Prüfverfahren noch die geeignete Hardware und Infrastruktur, um die entsprechenden Tests durchführen zu können. Mittlerweile etablieren sich die Prozesse und die Standards für das Batterie-Testing festigen sich. Der Vorgang ist zu vergleichen mit der Entwicklung der Gesamtfahrzeugsicherheit: Da gab es zunächst auch nur grobe Anforderungen, die zu erfüllen sind; mit der genaueren Definition der Anforderungen und der Etablierung entsprechender Normen haben sich die Prüfprozesse und Prüfeinrichtungen entwickelt.

Ähnlich musste in der jüngsten Vergangenheit viel Pionierarbeit geleistet werden, um Batterietests zukunftssicher und professionell durchführen zu können: Der größte Teil der Einrichtungen für Batterietests bei Magna sind Eigenentwicklungen, für die kaum Vorbilder existierten.


ENERGIEDICHTE KONTRA SICHERHEIT – ZIELKONFLIKTE BEIM BATTERIEDESIGN 

Der Fahrzeughersteller ist naturgemäß daran interessiert, in der Antriebsbatterie möglichst viel Energiespeicherung auf möglichst wenig Raum und mit möglichst wenig Gewicht zu erreichen; denn das ist ein sofort spürbarer Vorteil für den Endkunden, der letztlich über den Erfolg des Fahrzeugs am Markt entscheidet. Mit zunehmender Energiedichte werden aber natürlich auch die Folgen bei einem ungewollten Ereignis oder Unfall dramatischer.

Die Autohersteller müssen durch geeignete Schutzmechanismen gewährleisten, dass bei einem Defekt in der Batterie vor allem ein „Durchgehen“, der Thermal Runaway oder die Thermal Propagation verhindert wird. Es muss eine ausreichende Zeit vergehen, in der der Insasse das Fahrzeug sicher verlassen kann. Dieser Nachweis muss mittels Versuchen erbracht werden.

 

DIE TESTS: DER SCHWERPUNKT LIEGT AUF DER SICHERHEIT 

Eine der grundlegendsten Regularien für das Batterie-Testing ist die sogenannte UN-R 100, in der die Anforderungen für die Genehmigung von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb niedergelegt sind. Zentral sind dabei neben den Aspekten der elektrischen Sicherheit die unterschiedlichen Aspekte der Widerstandsfähigkeit der Batterie gegenüber äußeren Einwirkungen: Sowohl im Betrieb des Fahrzeugs als auch infolge eines Unfalls.

Getestet werden aber nicht nur komplette Batterien; es gibt auch Prüfungen auf Zell-Ebene oder Modulebene. Hier beauftragt dann meist nicht der Fahrzeughersteller den Test, sondern der Batteriehersteller. Am anderen Ende kann die Prüfung des Gesamtfahrzeugs stehen; auch die ist relevant, weil das Batteriegehäuse zunehmend als tragendes Element in die Fahrzeugarchitektur eingebunden wird und die Batterie sowie die dazugehörigen Komponenten hierbei dynamisch mit annähernd realitätsnahen Unfallszenarien getestet werden.

Hier kann ein erfahrener Anbieter für Fahrzeugsicherheits- und Batterietests den gesamten Umfang zur Einhaltung der relevanten Regelungen leisten; je nach Einzelfall können zwar spezielle Prüfungen auch nach außen vergeben werden – das meiste wird aber In-House durchgeführt. Im neuen Batterielabor von Magna in Sailauf, Unterfranken  – es wird seit 2019 stetig weiterentwickelt – können viele relevante Tests durchgeführt werden.

 

 

WAS WIRD GETESTET? – FOLTER FÜR DIE BATTERIEN 

Die Tests gliedern sich in unterschiedliche Bereiche. Temperatur- und Feuchtigkeitstests weisen nach, dass die Batterie auch unter extremen Umweltbedingungen korrekt arbeitet, ohne in einen kritischen Betriebszustand zu kommen. Vibrations- und Stoßtests prüfen, ob die Batterie den spezifischen Belastungen standhält, die in einem Fahrzeug – anders etwa als bei einem stationär betriebenen Akku – auftreten können. Elektrische Tests umfassen die Prüfung der Batterie-Performance; beispielsweise werden Lade- und Entladezyklen durchgeführt, auch unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen.

Sehr umfangreich und wichtig sind die sogenannten Abuse-Tests. Das fängt an mit elektrischen „Misshandlungen“ – etwa der Reaktion auf Über- oder Unterladung oder auf externen oder internen Kurzschluss; oder auch auf Unterbrechungen in Anschluss- oder internen Verbindungsleitungen. Doch vor allem wird auch die mechanische Widerstandfähigkeit gegenüber Deformation geprüft. Intrusionstests stellen sicher, dass das Batteriegehäuse Schlägen von unten – wie sie bei Unfällen denkbar sind – widersteht. Die Batterien werden aus definierter Höhe fallen gelassen; es wird schlagartig Druck aus unterschiedlichen Richtungen auf das Gehäuse ausgeübt; die Batterie wird um die eigene Achse gedreht, um einen Unfall mit Überschlag zu simulieren.

 

DER GAU-TEST: SICHERHEIT GEGENÜBER DER THERMAL PROPAGATION

Der größte anzunehmende Unfall bei einer Hochvoltbatterie ist die sogenannte Thermal Propagation, also die Ausbreitung einer Temperaturerhöhung in einer Batterie, die von einer Zelle ausgeht und in einer Kettenreaktion schrittweise die ganze Batterie erfassen kann. Die Propagation wird meist durch eine gezielte Überhitzung eines Moduls oder durch Intrusion eines Prüf-Nagels ausgelöst. Auch dieses Szenario muss geprüft werden; denn auch hier gibt es genaue Vorschriften, wie lange die Batterie widerstehen muss.

Dazu wird ein solcher Störfall unter kontrollierten Bedingungen herbeigeführt. Bei Magna gibt es hierzu einen besonders gesicherten und geschlossenen Versuchsraum in einer Halle, in dem die Batterie gezielt in die Propagation getrieben wird. Ein ausgeklügeltes Sicherheitskonzept stellt sicher, dass der Brand unter Kontrolle bleibt; die entstehenden Rauchgase werden kontrolliert abgeführt und einer Rauchgaswäsche unterzogen.

 

 

BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN BEIM HV-BATTERIE-TESTING 

Fast bei allen Abuse- und Sicherheitstests handelt es sich um zerstörende Prüfungen. Das heißt: Die Prüfung kann nicht wiederholt werden. Und die Prüfstücke sind enorm teuer – und meist pro Entwicklungsstufe nur begrenzt vorhanden. Deshalb ist außerordentliche Sorgfalt bei Planung und Durchführung der Test vonnöten – es darf nichts schiefgehen und die Tests müssen penibel vorbereitet und exakt in einer bestimmten Reihenfolge durchgeführt werden.

Wie auch in allen anderen Bereichen der Automobilentwicklung gibt es aber natürlich mehrere Entwicklungsstufen bei den Batterien. Sobald eine Änderung an der Batterie – oder auch der Peripherie, etwa dem Batterie-Managementsystem oder dem Ladesystem – vorgenommen wird, die das Verhalten beeinflussen kann, muss erneut getestet werden. Und auch Änderungen am übrigen Fahrzeug, die während des Entwicklungsprozesses durchgeführt werden, können das Batterie-Sicherheitsverhalten verändern und erfordern erneute Tests. 


VERÄNDERUNGEN BEIM HV-BATTERIE-TESTING 

Mit der Weiterentwicklung der Batterietechnik muss auch das Test-Prozedere ständig fortentwickelt werden. Das fängt damit an, dass höhere Batterieleistungen anderes Test- und Mess-Equipment erfordern. Aber auch die Tests selbst werden immer ausgefeilter, genauer, feiner und standardisierter – insgesamt professioneller.

Das Musterbeispiel dafür ist die Propagation: Früher wurden die Versuche einfach im Freien durchgeführt – an einer entlegenen Stelle fern der Zivilisation; je nach Land wird das von vielen Versuchsdienstleistern heute noch so gemacht. Bei Magna wird die Propagation aber im geschlossenen Raum durchgeführt. Das vermeidet einerseits gefährliche Umweltbelastung und vermeidet Gesundheitsgefährdungen für die Mitarbeiter_innen; andererseits verbessert es die Reproduktion der Prüfungen entscheidend, weil unter standardisierten Umgebungsbedingungen getestet werden kann und somit Störeinflüsse verringert werden.

DIE HOCHVOLTBATTERIEN DER ZUKUNFT UND DAS HV-BATTERIE-TESTING 

Die Batterie-Entwicklung schreitet derzeit schnell voran, ständig wird an neuen Batteriekonzepten geforscht. Die Energiedichte hat sich in den letzten Jahrzehnten markant erhöht, auch weil neue Batteriekonzepte entwickelt wurden. Teilweise bringen neue Batterietypen zusätzliche Herausforderungen, gelegentlich aber auch potenzielle Vereinfachungen für das Testing mit sich. So stellt beispielsweise die bei den derzeit überwiegend als Antriebsbatterien verwendeten Lithium-Ionen-Batterien bestehende Gefahr der thermischen Propagation bei Feststoffbatterien – die derzeit als vielversprechend gelten und ohne flüssigen Elektrolyten arbeiten – mutmaßlich weniger Probleme dar. Wieder andere Batterieentwicklungen können wiederum andere Probleme aufwerfen. Die Anforderungen an die Propagationstests werden sich also ändern; und die Test werden sich anpassen müssen. Andere Temperaturen, andere Reaktionen der Zellen im Penetrationsfall – die exakten Anforderungen an spezielle Abuse-Tests entwickeln sich parallel zur Batterie-Entwicklung immer weiter.

Als sicher kann aber gelten, dass das Testing von Hochvolt-Antriebsbatterien in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Die Elektromobilität ist in der Perspektive nicht aufzuhalten; neue Systeme, neue Entwicklungen erfordern neue Tests. Nicht nur, um die Performance weiter voranzubringen. Auch um der Sicherheit willen – die derzeit noch einer der Gründe für den Automobil-Endkunden sein kann, nicht auf ein BEV setzen zu wollen. Und letztlich dient professionelles Batterie-Testing auch der Nachhaltigkeit: Wenn die Sicherheit der Batterien erhöht wird, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Unfall möglicherweise umweltgefährdende Stoffe austreten.

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Florian Dornbusch

Florian Dornbusch hat sich nach dem Studium der Fahrzeug– und Motorentechnik an der Universität Vaihingen bei Stuttgart bei Bertrand auf den Bereich der passiven Fahrzeugsicherheit spezialisiert und dort umfangreiche Erfahrung bei Crashtests und anderen Fahrzeugsicherheitsversuchen gesammelt. Seit Anfang 2019 ist er bei Magna in Sailauf tätig, zunächst als Project Manager für Sonderprojekte; seit Mai 2020 ist er verantwortlicher Abteilungsleiter für den Bereich Component Testing, das seit Anfang 2024 auch den stark ausgebauten Bereich Batterielabor einschließt.

 

 

 

 

 

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