WER KOMMT BEI DER AUSLAGERUNG DER FAHRZEUGPRODUKTION ALS PARTNER INFRAGE?
Es gibt einige Fahrzeug-Hersteller, die auf dem chinesischen, europäischen und US-amerikanischen Markt gleichermaßen vertreten sind und die versuchen, neue Marktteilnehmer zu gewinnen. Diese lassen sich in zwei große Gruppen einteilen:
- OEMs (Original Equipment Manufacturers): Dabei handelt es sich um jene Hersteller von Automarken, die über eigene Fertigungsstätten verfügen und daher die von ihnen verkauften Fahrzeuge (meistens) selbst bauen.
- Markenunabhängige Fertigungspartner: Diese bieten OEMs ein breites Leistungsspektrum in puncto Engineering und Fertigung. Sie dienen als Zulieferer für OEMs, besitzen aber keine eigene Automarke. In diese Kategorie fällt beispielsweise Magna.
OEMs und Fertigungspartner bieten Startups unterschiedliche Vorteile, bringen aber auch gewisse Nachteile mit sich. Diese werden in den folgenden Kapiteln erläutert.
OEMs: Voller Service, aber enge Vorgaben
Die Fahrzeugproduktion an OEMs auszulagern, hat vor allem den Vorteil, dass deren Service über die Serienproduktion hinausreicht. Das bedeutet, dass Startups, die sich mit einem OEM zusammenschließen, möglicherweise auch Zugang zum After-Sales-Netzwerk des jeweiligen OEMs bekommen. Das wiederum bedeutet, dass die Organisation und Bereitstellung von Ersatzteilen und Serviceeinrichtungen im Service enthalten sind. Wenn sich ein Startup also in Bezug auf Features und technische Komponenten eng an die Vorgaben des OEM hält, kann es mit seinem Produkt sehr viel schneller in den Markt einsteigen. Die Time-to-Market-Phase verkürzt sich deswegen, weil noch weniger Prozesse als bei einem Produktionspartner von Grund auf neu aufgebaut werden müssen.
Um diesen umfassenden Service in Anspruch nehmen zu können, müssen Neueinsteiger jedoch sehr wahrscheinlich einige erhebliche Abstriche in Bezug auf die ursprünglich von ihnen geplante Ausstattung machen. OEMs sind auf ihre eigenen Marken ausgerichtet und besitzen daher auch Fabriken und Werkzeuge, die speziell auf die Herstellung und Entwicklung dieser Fahrzeuge, d. h. auf die Bedürfnisse der OEMs selbst spezialisiert sind. Wenn Neueinsteiger also nicht die Pläne und finanziellen Mittel haben, um in hohen Stückzahlen zu produzieren, müssen sie ihr Fahrzeug gemäß den Anforderungen des OEM und den Möglichkeiten der von ihnen zur Verfügung gestellten Fahrzeugplattformen anpassen. In anderen Worten bedeutet dies Zugeständnisse und Einschränkungen hinsichtlich der persönlichen Wünsche und Pläne.
Zusammenfassend bietet die Zusammenarbeit mit OEMs zwar die Möglichkeit eines allumfassenden Services, der aber an strenge Bedingungen geknüpft ist. Bei der Auslagerung der Fahrzeugproduktion an ein OEM muss sich ein Startup also verstärkt an dessen Funktionsweise und technische Möglichkeiten, teilweise sogar an dessen Vertriebsnetz orientieren.
Unabhängige Fertigungspartner: Begrenzter Post-Release-Service, aber große Flexibilität
Anders als OEMs produzieren unabhängige Fertigungspartner nicht aktiv für Endverbraucher_innen. Sie verfügen also über kein After-Sales-Netzwerk und können diesen Service folglich auch nicht für Neueinsteiger anbieten. Es liegt somit am Startup, sich selbst ein Vertriebsnetzwerk aufzubauen.
Im Gegenzug ist der mit Abstand größte Vorteil eines unabhängigen Fertigungspartners die Flexibilität, die er zur Umsetzung einer individuellen Fahrzeugvision gewährleisten kann. Ein unabhängiger Fertigungspartner passt seine Infrastruktur an das geplante Fahrzeug an, nicht umgekehrt. Bereiche wie Fahrzeugplattformen, Lieferantennetzwerke und Funktionsweisen können also viel stärker auf die Bedürfnisse eines Startups ausgerichtet werden.
Obwohl das After-Sales-Management nicht abgedeckt wird, können unabhängige Fertigungspartner mit ihrem Service dennoch als One-Stop-Shop für den gesamten Industrialisierungsprozess eines Fahrzeuges dienen. Das bedeutet, dass Neueinsteiger während des gesamten Prozesses unterstützt werden. Die Liste an Dienstleistungen von unabhängigen Fertigungspartnern ist lang. Startups, die ihre Fahrzeugproduktion an solche auslagern, erhalten in folgenden Bereichen Unterstützung:
- bei der Ideenfindung ihres Fahrzeugs
- in Machbarkeits- und Konzeptphasen
- beim Prototyping
- im Beschaffungsmanagement
- in der Fahrzeugentwicklung
- in der Serienproduktion
- im Qualitätsmanagement
Darüber hinaus stellen Fertigungspartner organisatorisches Knowhow, Einrichtungen, Ausrüstung, Personal und letztendlich ihre Erfahrung zur Verfügung. All dies führt dazu, dass Startups maximale Freiheit bei der Verwirklichung ihrer Visionen genießen und die Oberhand bei der Etablierung ihrer Marken-, Marketing- und Vertriebsstrategien behalten.
Im Gegensatz zu OEMs kann ein unabhängiger Fertigungspartner möglicherweise keine After-Sales-Infrastruktur für Endkund_innen bieten, sehr wohl jedoch Freiheiten in der Umsetzung einer spezifischen Fahrzeugvision. Die Produktion an Fertigungspartner auszulagern, ermöglicht es Startups, ihre persönlichen Wünsche und Pläne in Bezug auf ihr Fahrzeug umzusetzen und gleichzeitig viele Risiken zu umgehen.