Automotive Control Concept Design

Erfolgreich in die Serienproduktion: Anlaufmanagement in der Automobilindustrie 

 

Perfektion von Anfang an: Schon in der Serienanlaufphase entscheidet sich, ob die Fahrzeugproduktion bei einem Auftragsfertiger der Automobilindustrie erfolgreich, effizient und reibungslos laufen kann. Ein Fertigungspartner mit großer Erfahrung im Anlaufmanagement, ausgefeilter Produktions- und Materiallogistik sowie modernster Werksausstattung stellt sicher, dass in kürzester Zeit ein hoher Output bei maximaler Qualität erreicht werden kann. 


DAS ANLAUFMANAGEMENT ALS BESTANDTEIL DES SIMULTANEOUS ENGINEERING

Das Anlaufmanagement stellt eine klassische Schnittstellenthematik zwischen den involvierten Unternehmensbereichen dar. Im Konzept des Simultaneous Engineering (SE) – das sich wie ein Schirm über die Produktentwicklung, die Lieferantenentwicklung und die Produktion spannt – ist das Anlaufmanagement im Rahmen des Projektmanagements für einen Fertigungsauftrag primär im eigentlichen Produktionsbereich einzuordnen. Es steht quasi schon mit eineinhalb Füßen in der Produktion. Dennoch greift es bereits in die Produktentwicklung hinein und betrifft auch den Bereich der Lieferanten. 

 

UNTERSCHIEDLICHE ABLÄUFE: ERSTANLAUF VS. ZWEITANLAUF

Es gibt zwei Möglichkeiten dafür, dass der Hersteller die Fertigung eines Fahrzeuges einem Auftragsfertiger in die Hand gibt. Die erste ist, dass es sich beispielsweise um ein nur in kleineren Stückzahlen gefertigtes Nischenprodukt handelt – etwa ein Derivat eines anderen Fahrzeugtyps, das in die Fertigungsabläufe der eigenen Werke des Herstellers schlecht integriert werden kann. In dem Fall wird dieser Fahrzeugtyp exklusiv bei einem Auftragsfertiger hergestellt. Eine andere Variante ist die Split-Produktion als Ergänzung zur Fertigung im eigenen Werk des Herstellers – etwa zur Abdeckung von Spitzen oder für regionale Sondermodelle.

Bei dieser Möglichkeit, dem Zweitanlauf, wird der Serienanlauf viel schneller erfolgen können, denn viele Prozesse können von der Erstproduktion übernommen werden. Teilweise können dabei sogar die gleichen Lieferanten genutzt werden, die auch die entsprechenden Komponenten für die Produktion im Erstwerk liefern. Das spart Zeit und Aufwand beim Aufbau der Lieferkette und beim Etablieren der Prozesse. In vielen Fällen ist es sogar vom Hersteller ausdrücklich gewünscht, dass beide Fertigungen nach dem gleichen System erfolgen. Diese komfortable Situation ergibt sich natürlich bei einem Erstanlauf – der Exklusivfertigung beim Auftragsfertiger – nicht.


ORGANISATION UND KOMMUNIKATION IM SIMULTANEOUS ENGINEERING SIND ENTSCHEIDEND

Beim Erstanlauf herrschen naturgemäß schwierigere Bedingungen. Absicherungen, Ergebniszusammenführungen und Feinabstimmungen sind deutlich komplexer. Deshalb gewinnt das Simultaneous Engineering hier noch mehr an Bedeutung. Eine präzise Organisation sowie ein reibungsloses Zusammenspiel von Kommunikation und Projektmanagement zwischen allen Beteiligten und Stakeholdern sind unerlässlich.



ERSTE VORAUSSETZUNG FÜR EINEN STABILEN SERIENSTART: LIEFERANTENMANAGEMENT

Von zentraler Bedeutung ist hier die Lieferantenauswahl und die Sicherstellung der Lieferantenqualität – die Supplier Quality Assurance (SQA). Ein erfahrener und weltweit agierender Fertigungspartner der Automobilindustrie wie Magna arbeitet natürlich mit renommierten Lieferanten zusammen. Dennoch wird über die SQA-Bemusterung und die Performance-Tests bereits vor Serienanlauf sichergestellt, dass der Zulieferer die entsprechenden Komponenten in der geforderten Qualität und Quantität bereitstellen kann.

Dieser Punkt ist vom Fertigungsbetrieb am schwierigsten zu beeinflussen. Denn insbesondere gegenüber äußeren Einflüssen – etwa Naturkatstrophen, Pandemien oder unvorhersehbaren Ereignissen – ist auch ein umsichtiger Einkauf relativ machtlos. Dennoch hilft ein gutes Risikomanagement, die Gefahr von Lieferkettenunterbrechungen zu minimieren. Etwa, indem für produktionskritische Bauteile stets ein „Plan B“ oder gar „Plan C“ bereitgehalten wird. Das heißt: Projektarbeit im SE-Team, bei dem alle Beteiligten an einem Tisch sind und bei der es eine klar abgestimmte Berichtsstruktur gibt und definierte Key Performance Indicators festgelegt sind, ist unverzichtbar. So können bereits im Vorfeld kritische Bereiche identifiziert und geeignete Ersatzszenarien vorbereitet werden.

 

VORABGESTIMMTE COCKPITS ALS SICHERHEITSMASSNAHMEN IM KRISENFALL

Gutes Anlaufmanagement lässt sich mit einem Flugzeugcockpit vergleichen. Ein Flugzeugpilot erhält über seine Instrumente und Displays eine große Menge an Informationen. Auf dieser Basis kann er im Ernstfall schnell Entscheidungen treffen. In vergleichbarer Weise helfen einem Hersteller der Automobilindustrie maximal transparente Informations- und Kommunikationssysteme, um die richtigen, zuvor präzise ausgearbeiteten Prozesse anzustoßen, um Ausfälle zu vermeiden. Je klarer diese „Cockpits“ in einem Autowerk sind, desto leichter lässt sich das Werk und die Produktion steuern. Und umso rascher kann man auf Störungen reagieren.

Konkret heißt das: Sauber abgestimmtes Berichtswesen, eine klare Organisationsstruktur, klare Daten, Zahlen, Fakten. Magna ist hier gut gerüstet: Das haben Vorfälle in den vergangenen Jahren gezeigt – etwa bei der Halbleiterkrise infolge der Covid-19-Pandemie, oder bei der gelungenen Substitution ukrainischer Zulieferer innerhalb weniger Tage nach dem Beginn des Ukraine-Konfliktes. Hier halfen die vorinstallierten Notfallprozesse der OEMs und in weiterer Folge die Zusammenarbeit mit Magna dabei, sehr kurzfristige und folgenschwere Ausfälle zu vermeiden.


ZWEITE VORAUSSETZUNG: AUSGEREIFTE PRODUKTENTWICKLUNG

Im Fall eines Erstanlaufs hat der Auftragsfertiger auch Entwicklungsarbeit zu leisten. Eine ausgereifte Produktentwicklung ist eine selbstverständliche Voraussetzung dafür, dass das Fahrzeug problemlos produziert werden und der Serienanlauf ohne Verzögerungen über die Bühne gehen kann. Hier ist es für alle Beteiligten von Vorteil, wenn der Fertigungspartner – wie Magna – inhouse über hohe Entwicklungskompetenz verfügt.


DRITTE VORAUSSETZUNG: MITARBEITENDENSCHULUNG UND TRAINING IM VORFELD

Der dritte Voraussetzungskomplex für erfolgreiches Anlaufmanagement ist die sogenannte „Plant Readiness“. Dazu gehören neben dem fristgerechten Einrichten der Produktionstechnik vor allem optimal geschulte und trainierte Fertigungsmitarbeitende. Im Fall eines Zweitanlaufs können die Arbeitskräfte in Zusammenarbeit mit dem auftraggebenden Hersteller im Erstwerk für das betreffende Fahrzeugmodell etwas einfacher geschult und trainiert werden. Dazu werden vorab gezielt erfahrene Mitarbeitende selektiert und vor Ort trainiert. Sie können dann beim Auftragsfertiger ihrerseits weitere Mitarbeitende trainieren und ihr Wissen weitergeben.

Doch auch, wenn es sich um einen Erstanlauf eines neuen Fahrzeugtyps handelt, kann die involvierte Belegschaft am realen Produkt trainiert werden. Bereits in der Entwicklung werden Erstaufbauten montiert, sogenannte Mules, an denen Arbeitsabläufe eingeübt werden können. Später werden Prototypen aufgebaut – auch bei den Lieferanten. In diesen frühen Phasen des Projektes wird bereits Fertigungspersonal hinzugezogen, um die spezifischen Herausforderungen kennenzulernen, und damit sie das Erlernte quasi im Schneeballsystem weitergeben können. 


AUTOMATISIERUNG UND DIGITALISIERUNG - WIRD DAS ANLAUFMANAGEMENT ROBUSTER ODER ANFÄLLIGER?

Auch wenn es um kleinere Stückzahlen geht: Ohne umfangreiche Automatisierung ist eine moderne Fertigung in der Automobilindustrie nicht mehr denkbar – allein schon im Interesse einer gleichbleibend hohen Fertigungsqualität. Damit verbunden ist auch eine immer umfassendere Digitalisierung der Prozesse. Das erfordert zwar zunächst einmal beträchtliche Investitionen, und die Digitalisierung macht viele Umfänge auch komplexer. Man benötigt mehr Personal mit Fachexpertise sowie Software, die sauber programmiert ist und zuverlässig läuft.

All das muss lang vor dem Serienanlauf abgestimmt, abgeschlossen und betriebsbereit sein. Gutes Anlaufmanagement vermeidet, dass noch Probleme bei der Programmierung und Visualisierung auftauchen, während man schon mit Prozessen, Schulungen und Produktproblemen ausgelastet ist. Wenn man die Digitalisierung sauber ausrollt, birgt sie beste Möglichkeiten, den Serienanlauf nicht nur schneller, sondern auch transparenter zu gestalten. Dies geschieht etwa durch intelligentere Produktionsteuerung. So kann die Digitalisierung auch in Zukunft helfen, nicht nur die laufende Serienfertigung zuverlässiger, sondern bereits den Produktionsanlauf problem- und reibungsloser zu machen.

 

Zusammenfassend kann man sagen, für einen reibungslosen Serienstart in der Automobilindustrie sind exzellentes Lieferantenmanagement, eine ausgereifte Produktentwicklung, umfassende Schulungen und Simultaneous Engineering unverzichtbar – sie sichern Qualität, Geschwindigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

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Manuel Jenkin-Weinrich

Manuel Jenkin-Weinrich

 

Manuel Jenkin-Weinrich ist seit 27 Jahren bei Magna in Graz tätig. Quasi von der Pike auf hat er unterschiedlichste Bereiche der Fertigung durchlaufen, angefangen von der Produktion der Mercedes-Benz G-Klasse über unterschiedliche Planungsbereiche. Heute ist er als Assistant General Manager bzw. Produktionsleiter verantwortlich für die Produktion verschiedener Fahrzeugmodelle.

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