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Organisatorische Veränderungen bei Eintritt in den EV-Fahrzeugmarkt

Auf dem Weg von der (Elektro-)Autovision zu deren Umsetzung und dem Eintritt in den Fahrzeugmarkt wächst die Organisationsstruktur eines Startups und entwickelt sich weiter. Die Zahl der Aufgaben steigt ebenso wie die Zahl der intern und extern beteiligten Personen. Gegen Ende des Projekts erhöhen sich neben dem Bedarf an Ressourcen, die für den Aufbau einer Fahrzeugproduktionskette und -marke notwendig sind, typischerweise auch die organisatorischen, finanziellen und zeitlichen Anforderungen.

Dieser Artikel zeigt den organisatorischen Entwicklungsprozess eines Projekts vom ersten Fahrzeugkonzept bis zum fertigen Produkt. Miteinbezogen werden die durchschnittliche Größe der Teams und deren unterschiedliche Verantwortlichkeiten sowie der Umfang des Projekts bzw. dessen Komplexitätsgrad während dreier ausgewählter Projektphasen. Der Artikel bietet Marktneueinsteigern einen Überblick über die Gesamtkomplexität des Eintritts in den Fahrzeugmarkt sowie über potenzielle Herausforderungen, die ihnen in bestimmten Phasen der Fahrzeugentwicklung begegnen können.

 

KONZEPTENTWICKLUNGSPHASE: PROJEKTPLANUNG FÜR DEN AUTOMOBILMARKT DER ZUKUNFT

 Zu Beginn eines Fahrzeugprojekts geht es zunächst größtenteils darum, zukünftige Aufgabenbereiche theoretisch zu bestimmen. Eine wichtige Aufgabe, die jedoch schon in dieser frühen Projektphase anfällt, ist die Zusammenstellung des Kernteams für die Umsetzung der Fahrzeugvision. Dieses steht in der Verantwortung, die Richtung des Fahrzeugprojekts vorzugeben, d. h. zu implementierende Features, technische Spezifikationen sowie Ziele und Strategien für Marketing und Branding zu definieren.

Außerdem werden in der Anfangsphase des Projekts wichtige Lieferanten und Investor_innen identifiziert und die Grundlagen für die Durchführung einer Machbarkeitsstudie gelegt. Eben diese spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die für die gesetzten Marketingziele notwendigen technischen Aufgaben zu beschreiben sowie realistische Ergebnisse zu formulieren und wichtige Meilensteine zu planen. Aus diesem Grund fließt zu Beginn des Projekts sehr viel Zeit in die Machbarkeitsstudie. Idealerweise sollte sie zusammen mit einem technischen Partner oder Gesamtfahrzeug-Fertigungspartner durchgeführt werden, um sicherzustellen, dass die korrekte Vorgehensweise eingehalten wird. Lesen Sie mehr dazu im Artikel „Machbarkeitsstudie: In 4 Schritten Ihr Fahrzeugprojekt validieren“.

 

Teamgröße während der Konzeptentwicklungsphase

 

Werden alle Aufgaben rund um Entwicklung und Produktion von einem Auftragsfertiger übernommen, besteht das Kernteam des Startups in der Konzeptentwicklungsphase in der Regel aus ca. 20 bis 30 Personen. Dieses Team sollte über die entsprechenden technischen Fähigkeiten sowie Kenntnisse im Bereich Marketing- und Projektmanagementstrategien verfügen. Das Team umfasst in der Regel:

  • den_die Geschäftsführer_in (CEO – Chief Executive Officer)
  • den Finanzvorstand (CFO – Chief Financial Officer)
  • den_die technische Leiter_in (CTO – Chief Technology Officer)
  • Personal zur Verwaltung und Organisation des Startups in den Bereichen Finanzierung, IT, Programm-, Projekt- und Personalmanagement
  • eine_n Launch-Management-Expert_in zur Erleichterung eines nahtlosen Markteintritts
  • Marketing- und Branding-Expert_innen
  • eine Einkaufsabteilung
  • Verkaufs- und Kundendienstabteilungen

Idealerweise gehören dem Team auch Mitarbeiter_innen an, die bereits Erfahrung in der Automobilbranche haben, sowie Menschen mit unternehmerischer Mentalität.

 

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Hauptaufgaben während der Konzeptentwicklungsphase

Bei der Konzeptentwicklung wird die Vision des Startups skizziert, ebenso werden technische, geschäftliche und zeitliche Ziele festgelegt. Sind die Ziele definiert, wird eine Zielvereinbarung erstellt, die das Ende der Konzeptentwicklungsphase und den Übergang in die Entwicklungsphase markiert.

Zu bzw. ab diesem Zeitpunkt sollten die Marktneueinsteiger

  • eine klare Arbeitsteilung innerhalb ihres Kernteams bestimmt haben
  • die Programmziele, Produktziele und -risiken definieren, bewerten und bestätigen
  • alle wichtigen Lieferanten, Investor_innen und Fertigungspartner auswählen
  • sich auf ein Produktionskonzept einschließlich Standort und Aufbau einigen
  • eine Stückliste erstellen, in der alle für den SOP (Start of Production – Start der Serienproduktion) erforderlichen Ressourcen angeführt sind (einschließlich derer für den Aufbau der Produktionsinfrastruktur)
  • einen vollständigen Zeitplan für das Programm festlegen
  • Strategien für die Produktpositionierung, den Verkauf und das Angebot skizzieren.

 

DIE GRÖßTEN HERAUSFORDERUNGEN FÜR MARKTNEUEINSTEIGER IN DER ENTWICKLUNGSPHASE

 Nachdem das Startup die Konzeptentwicklungsphase abgeschlossen hat, müssen alle darin definierten Pläne umgesetzt werden, damit die Fahrzeugentwicklung beginnen kann. Ab diesem Zeitpunkt steigert sich die Komplexität der Organisationsstruktur erheblich, da jedes definierte Ziel eigens dafür zuständige Mitarbeiter_innen erfordert sowie Prozesse, die finalisiert werden müssen.

Teamgröße zu Beginn der Entwicklungsphase

Bei Eintritt in die Entwicklungsphase steigt also die im Projekt benötigte Arbeitskraft stark an. Sobald die Produktionsanlagen aufgebaut sind, braucht es auch die notwendigen Arbeitskräfte, um sie zu bedienen und zu warten. Die folgende zum Download bereitstehende Infografik zeigt alle Aufgaben, die zum Aufbau der Organisation eines Automobilprojekts erforderlich sind.

Beim Übergang von der Konzeptentwicklung zur Produktion werden im Wesentlichen alle Komponenten der zukünftigen Zweigstellen hinter dem Automotive-Projekt aufgebaut. Eine Niederlassung beschäftigt in der Regel Hunderte von Mitarbeiter_innen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die alle eingestellt, geschult und gehalten werden müssen.

 

Dabei ist zu beachten, dass die meisten dieser Komponenten direkt mit den Produktionsanlagen des Fahrzeugs verbunden sind. Das bedeutet, dass Marktneueinsteiger ihren Zeit- und Kostenaufwand für den Produktionsanlauf reduzieren können, wenn sie sich für die Zusammenarbeit mit einem Lohnfertiger entscheiden. Wie stark diese Aufwände bei einer Partnerschaft letztendlich reduziert werden, hängt vom Umfang der Zusammenarbeit ab. Weitere Informationen zu den Vorteilen der Auftragsfertigung finden Sie unter „Die Vorteile der Zusammenarbeit mit einem Fertigungspartner bei der Elektroauto-Produktion“.

Warum Projekte schon in der Entwicklungsphase scheitern

Während der Entwicklungsphase erleben Startups den größten einmaligen Anstieg von Kosten, Komplexität und Größe. Dementsprechend vorsichtig sollten sie bei ihrer Vorbereitung auf die Serienproduktion sein, um einen möglichst reibungslosen Start zu gewährleisten.

Projekte können in dieser Phase aus gleich mehreren Gründen scheitern:

  • aufgrund von erschöpften Ressourcen
  • wegen vorangegangener Fehleinschätzungen
  • wegen eines plötzlichen Teamwechsels
  • durch einen Vertrauensverlust seitens der Investor_innen oder Lieferanten und deren daraus resultierendem Rückzug aus dem Projekt

Daher sollten Marktneueinsteiger eine umfassende und flexible Projektstrategie und ein verlässliches Kernteam entwickeln, um diese kritische Phase zu meistern. Wenn nämlich die notwendige Infrastruktur für die Fahrzeugproduktion einmal aufgebaut ist und die Inbetriebnahme begonnen hat, bleiben Größe und Komplexität des Projekts relativ stabil. An diesem Punkt konzentrieren sich Neueinsteiger darauf, die Fahrzeugentwicklung abzuschließen und den Produktionsstart vorzubereiten.

 

 

ZUSAMMENFASSUNG

Die Ausbildung einer Organisationsstruktur bei der Fahrzeugentwicklung erfolgt nicht sukzessive. Ganz im Gegenteil sehen sich Marktneueinsteiger mit einer enormen Komplexitätszunahme in sämtlichen Bereichen konfrontiert:

  1. Der erste Sprung erfolgt typischerweise zu Beginn des Projekts, d. h. bei der Bildung des Kernteams, bei der Bestimmung der Investor_innen, Vertragshersteller und Schlüssellieferanten und schließlich bei der Validierung der Fahrzeugvision selbst.
  2. Der zweite Sprung findet eher von der Konzeptentwicklungs- zur Entwicklungsphase statt. Die Entwicklungsphase beinhaltet den Aufbau der kompletten Produktionsumgebung des Fahrzeuges. In dieser Phase werden Lieferanten gesichtet, Produktionsstätten aufgebaut sowie Projekt- und Produktionsprozesse eingeleitet. Diese Phase erfordert erhebliche Einmalkosten sowie Zeit, Engagement und die Kommunikationsfähigkeit des Kernteams. Das ist auch der Grund, warum viele Marktneueinsteiger in genau dieser Phase ins Stolpern geraten. Lesen Sie mehr dazu in unserem Artikel „5 Herausforderungen, denen sich jedes Startup in der Automobilindustrie stellen muss“.

Ab dem Zeitpunkt jedoch, an dem das Fahrzeug in Serie geht, erfolgen meist keine weiteren grundlegenden Änderungen in der Projektorganisation. Da die meisten anderen Prozesse an diesem Punkt schon in Gang sind, können sich Marktneueinsteiger vermehrt darauf konzentrieren, eine funktionierende Serienfertigung sicherzustellen. Sofern also keine unerwarteten schwerwiegenden Störungen auftreten, sollte ab dieser Phase ein bestimmter Grad an Entlastung hinsichtlich vorhandener Hürden eintreten. Genaue Prognosen sind diesbezüglich zu Beginn eines Fahrzeugprojekts allerdings noch nicht möglich.

 

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Mathias Funder

Mathias Funder ist Senior Director Engineering & Sales bei Magna Steyr. Funder kam 2009 zu Magna und war in mehreren internationalen Positionen als Program Manager, Technical Board Assistant und Director of Global Quotations Engineering tätig. Er hat einen Abschluss in International Business.

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